Die Arbeit von Adolph Widmann galt lange als verschollen. Er selbst schrieb in seiner Concordanz:
Forschende Brüder bitte ich, mich zu besuchen, da ich Gründe habe, die weitläufige Arbeit, die ich über das Reißbrett geschrieben habe, nicht mehr aus Händen zu geben.
Concordanz (S. 208)
Offensichtlich gab er diese Studie vor seinem Tod an Theodor Schäfer (Bremen) weiter, der damals ebenfalls intensiv über die Symbolik der Andreasloge forschte. Dieses Werk, das Wolfram Arton zufällig in der Arbeitsmappe von Th. Schäfers fand, erscheint nun erstmalig nach 150 Jahren. Im Anhang haben wurde das Faksimile abgedruckt, damit der Leser die Aussagen Widmanns überprüfen und eventuellen Übertragungsfehler finden kann. Die Seitenzahl des Manuskripts ist im Text eingearbeitet, was das Auffinden bestimmter Stellen im Original erleichtert. Darüber hinaus ist im Anhang die Arbeit von Theodor Schäfer im Zehnten Heft der Andreas-Grade 1882, „Das Reißbrett der St. Andreasmeister“, abgedruckt, weil sie auf Widmanns geometrische Aufschlüsselung der Hieroglyphen als „Sternwurzeln“ und geometrischen Entsprechungen von geistig-seelischen Zuständen und Übergängen, die dann spätestens in den Kapitelgraden stattfinden könnten, aufbaut.
Durch Widmanns Aufschlüsselung der sieben Hieroglyphen auf dem Reißbrett der Andreasmeister aus den drei Sternen Pentagramm, Hexagramm und Achtstern können sie als „tief gehaltvolle symbolische Figuren und Gebilde, welche der Gebildete… als Anknüpfungspunkte benutzt für seine rein geistigen Lehrphilosopheme“ (Th. Schäfer) verstanden und erlebt werden. Dass die dahinter stehenden drei Bauprinzipien Quintur (Pentagramm), Triangulatur (Hexagramm) und Quadratur (Achtstern) im Zusammenhang mit den geistig-seelischen Zuständen und Übergängen des Leidenden, Suchenden und Anhaltenden stehen, ergibt sich aus der leider immer noch außer Gebrauch gesetzten Arbeitstafel des IX. Grades. Bei der Rezeption der Königlichen Kunst des Freimaurerordens gibt es also noch viel weitgehend Unbekanntes zu entdecken…
Wolfram Arton hat im Zusammenhang mit seiner Forschung über die Ursprünge der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland diese Schrift im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz entdeckt, sie Seite für Seite fotografisch aufnehmen lassen und so einer Sichtung zugänglich gemacht. Weil der Text jedoch in veralteter Orthographie überwiegend in deutscher Kurrentschrift abgefasst ist, mochte sich bislang niemand damit befassen. Darum hatte er es unternommen, den Inhalt lesbar zu machen. Klaus Bettag, der Vorsitzende der Freimaurerischen Forschungsvereinigung Frederik, hat Korrektur gelesen und geholfen, meine zahlreichen Schreib- und Lesefehler zu bereinigen.
Wolfram Arton legt den Text nun für die Forschung zu den Quellen der Freimaurerei vor. Dabei ist zu beachten, dass es sich hier um eine Arbeit aus dem 19. Jahrhundert handelt, die zur damaligen „Schwedischen Lehrart“ der Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland gehört. Der Grad des Lehrling-Gesellen in der Andreasloge wurde nummerisch als eine rituelle Einheit mit IV beziffert. 1978 ist diese Nummerierung auf IV/V verändert worden. Der Andreasmeistergrad hat seitdem die Nummer VI und die darauf aufbauenden Kapitelgrade erhielten die nummerische Bezeichnung VII bis X. Das ist der aktuellen Systematik der Ordensmaurerei in Schweden angenähert. Dadurch entspricht im Text die alte Nummerierung dem derzeitigen Brauchtum nicht mehr. Und die Auffassung über die Sinngehalte freimaurerischer Symbolik hat sich in der Zwischenzeit auch stark gewandelt. Ein Rückgriff auf die Reißbretter in den Arbeitstafeln skandinavischer Johannislogen könnte vielleicht den Zugang zu derlei alten Sinngehalten erleichtern.
Das Buch »Das Reißbrett im V. Grade« von Adolph Widmann kann über die Wolfstieg-Gesellschaft erworben werden. Dafür wird ein Nachweis des entsprechenden Grades benötigt: kontakt@wolfstieg-gesellschaft.org - weitere Infos sind hier zu finden: Link